Este País, Alemanha By Solange Ayres / Share 0 Tweet Wiedersehen mit den deutschen Weißweinen aus besten Lagen des Jahres 2010. Nach dem Inhalt der Einladung der Vereinigung der deutschen Prädikatsweingüter sollten wir uns an einem sehr kalten Januar-Sonntag im Hotel Excelsior-Ernst im Herzen von Köln einfinden. Der Weg dahin, besonders entlang der Domplatte, war ungemütlich und kalt. Das Angebot, die Entwicklung der Grossen Gewächse des Jahrgangs 2010 seit dem vergangenen Herbst weiterverfolgen zu können, wollten wir uns nicht entgehen lassen. Auch die durch meinen Geburtort in Brasilien begründete Abneigung gegen kaltes Wetter konnte mich nicht abschrecken. Es war eine gute Entscheidung: Was auf uns wartete, sollte uns wärmen und entschädigen: Das Wiedersehen mit den Großen Gewächsen des Jahrgangs 2010. Die elegante Atmosphäre des Hotels Excelsior-Ernst gab den angebotenen Spezialitäten einen würdigen Rahmen. Nach einem kleinen Orientierungsrundgang war klar, dass in der gut besuchten Veranstaltung die Vertreter aus dem Rheingau, aus Baden und aus Franken fehlten, was uns die Möglichkeit eröffnete, uns stärker den Gewächsen aus der Pfalz, aus Rheinhessen, von der Ahr, von der Mosel und von der Nahe widmen zu können. Zur Eichung der Geschmacksnerven wurde zunächst Einkehr beim Schloßgut Diel gehalten, wo wir vom gut aufgelegten Armin Diel (Unter Rechts) mit seinem exzellenten 2010er “Pittermännchen” eingestimmt wurden. Danach entschlossen wir uns den Rundgang bei den Moselwinzern zu beginnen, was wir nicht bereuen sollten. Das Weingut Clemens Busch präsentierte mit dem Marienburger “Fahrley” ein erstes Highlight der Region. Ein meisterhaftes Zusammenspiel von kompakter Pfirsisch-Ananasfrucht, Alkohol und perfekt eingebundener Säure. Verblüffend eine unverkennbare feine saline Note im Abgang, die dem Gewächs exotische Ausstrahlung verschafft. Eine Aussage, ob sich diese Besonderheit auslebt oder der Wein auch in nächster Zeit beibehalten wird, war der freundlichen Vertreterin des Weinguts nicht zu entlocken. Verkostungen bei den Erzeugern Reinhold Haart, Karthäuserhof und Grans-Fassian bestätigten unseren Eindruck, dass der Jahrgang 2010 den Mosel-Spitzenwinzern mehr als gut gelungen ist. In Erinnerung an die Verkostung des 2010er “Kartäuserhofberg” in Kloster Eberbach gelang mir eine Bestätigung der ersten sensorischen Wahrnehmung dieses kompakten und intensiven Erzeugnisses allerdings nicht, was die Theorie bestätigt, dass man einen Wein mehrfach und unter verschiedenen Bedingungen verkostet haben sollte, um über ihn eine sichere Aussage machen zu können. Eine ähnliche Erfahrung musste ich auch nach dem Abstecher bei den rheinhessischen Erzeugern zum 2010er “Pettenthal” vom Weingut Gunterloch erleiden. Ich hatte den 2010er “Pettenthal” nach der Verkostung im Herbst in Kloster Eberbach als den bestgemachtesten und ausdrucksstärksten Wein des Jahrgangs 2010 empfunden und eingestuft. Bei der erneuten Probe in Köln wurden meine für den Wein gespeicherten Informationen nicht erneut bedient. Seine Dichte und Kompaktheit trat nicht in jener Weise in den Vordergrund, wie ich es erhofft hatte. Es gelang ihm zwar, meine Erinnerung an ihn abzurufen, jedoch fehlte ihm nun diese intensive und markante Handschrift. War der außergewöhnliche Wein von mir derzeit überschätzt eingestuft worden? Zu dieser Frage erinnerte ich mich an den Zeitpunkt seiner Verkostung von mir während meines Rundganges auf Kloster Eberbach. Hier war ich während meines Rundganges sehr spät am Stand der Familie Gunderloch angekommen. Heute nun hatte ich ihn recht früh, vielleicht zu früh verkostet und meinen eigenen Beitrag zum abweichenden Verkostungsergebnis geleistet. Besonders die Verkostungsergebnisse an den Plätzen der Weingüter Keller und Wittmann machten mir deutlich, dass das 2010er “Kirchenspiel”, bzw. die 2010er “Aulerde” und der 2010er “Morstein”, als gleichstarke Konkurrenten neben dem 2010er „Pettenthal“ auf den Verbraucher warten, weil sich hinter diesen Erzeugnissen ähnliche kompakte und perfekte Weine zeigen. Spitzenerzeugnis im Handelshof-Müngersdorf An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass realisiert werden konnte, den “Pettenthal 2010” von Gunderloch ins eigene Sortiment aufzunehmen. Ich freue mich, den Kunden in nächsten Zeit ein solches Spitzenerzeugnis im Handelshof in Müngersdorf anbieten zu können. Auf unserem weiteren Rundgang durch die Pfälzer Ecke waren wir von den Verkostungsergebnissen beim Weingut Christmann und bei Knipser-Johannishof sehr angetan. Typische kraftvolle, und wie immer gutgemachte, Erzeugnisse, die den Verbraucher nicht enttäuschen werden. Vielleicht war es eine schlechte Idee, während der Weißweinprobe einer Laune nachzugehen und beim Weingut Münzenberg einen 2007er Spätburgunder unter die Lupe zunehmen. Ich hoffe, bei anderer Gelegenheit noch einmal dieses Erzeugnis verkosten zu können. Um es vorweg zu sagen, den Abschluss unserer kleinen Tour bei den Nahewinzern habe ich als Höhepunkt des Nachmittags wahrgenommen. Ob es die Weine vom Weingut Dönnhoff, vom Schloßgut Diel oder vom Weingut Dr. Crusius (Links) waren, sie haben mich am meisten beeindruckt und überzeugt. Finessenreiche Weißweine, die ihr terroir, (Unter im Bild) also ihre individuelle Rebbodenbeschaffenheit perfekt zum Ausdruck bringen. Besonderen Anteil an dieser Einschätzung ist dabei Dr. Crusius (Links) zuzuschreiben, der den Gästen gelungen anschaulich anhand der präsentierten Mineralienauswahl zur jeweiligen Reblage darlegen konnte, warum sich aus den Lagen Rothenfeld und Felsenburg so unverkennbar unterschiedliche, jedoch gleichermaßen hervorragende Erzeugnisse produzieren lassen. Ein Glückspilz, wer von den 2010er dieser Lagen ein paar Flaschen in seinen Keller bekommt. Nicht zu spät für einen Spätburgunder Das Wortspiel “nicht zu spät für einen Spätburgunder” kommt mir zum Ende der Veranstaltung in den Sinn. Obwohl wir der Wahl unseres Scouts schnell zustimmten und uns zu Ende der Veranstaltung zur Ahrecke durchtankten, wurde dort schon abgeräumt. Die falschen Weine probiert Nur beim Weingut J.J. Adenheuer stand noch der Rest einer 2009er “Gärkammer” , einem 100%igen Spätburgunder, zur Probe bereit. Eigentlich bin ich kein Freund des Spätburgunders. Kräftige Nebiolos aus Barolo oder markante Ereignisse aus Barbaresco sagen mir mehr zu. Doch was uns dann zu guter Schluss ins Glas floss, traf bei uns allen nur auf Staunen und Anerkennung. Dieser Spätburgunder hatte nichts mit schlaffen und nichts sagenden Erzeugnissen aus gleicher Rebsorte zu tun, die ich aus Burgund kenne und verabscheue. In unseren Gläser begrüßte uns eine ungemein duftige, mit einer feinen Zedernnote behaftete Offenbarung, die uns unvermutet in die Lage versetzte, wahrhaftig aus einem Topf mit eingelegten Kirschen zu naschen. “Wahrscheinlich hast Du bisher die falschen Weine probiert”,spottete Oliver Scheer, nachdem er mein Erstaunen bemerkt hatte. Bei allen Ernst, ich brachte es nicht über mich, dieses wunderbare Erzeugnis, wie bei den Verkostungen zuvor, auszuspucken. Ich habe diesen Augenblick wahrlich genossen – ein wunderbarer Tropfen und eine Kampfansage an jene, die behaupten, in Deutschland könnten keine guten Roten produziert werden. An dieser Stelle ist ganz besonders unserem Begleiter Oliver Scheer zu danken, der uns wieder einmal sicher und gekonnt durch das Geschmackslabyrinth führte. Bis zum nächsten Mal und vielleicht auf der Pro-Wein. Text: Franz Hecher und Solange Hecker geb. Ayres Fotos: Solange Hecker